Aufstieg und Niedergang von Chapecoense AF
Roland Deschain (DeRo) - 27.11.2023 - Brasilien - Serie B
Der tragische Flugzeugabsturz des Fussballklubs Chapecoense aus dem Jahr 2016 ist weltweit bekannt. Nur drei Spieler überlebten die Katastrophe. Der Klub wurde danach zum Sieger der Copa Sudamericana gekürt. In der Saison 2017 folgte die sechste Staatsmeisterschaft von Santa Catarina und mit Platz 8 die beste Platzierung aller Zeiten in der Serie A. Danach ging es sportlich und wirtschaftlich bergab. Im letzten Spiel der Saison konnte der Serie B - Ligaerhalt in extremis gesichert werden.
Der Verein Associação Chapecoense de Futebol wurde am 10. Mai 1973 in der Stadt Chapecó, im Westen des brasilianischen Bundesstaates Santa Catarina, gegründet. Dies war eine Fusion der beiden Klubs Independiente und Atlético Chapecoense. Bereits vier Jahre nach der Gründung gewann der Klub seinen ersten Titel die Staatsmeisterschaft von Santa Catarina (1977). Danach spielte der Verein zwei Jahre in der höchsten Liga. In der Saison 1978 reichte es zu Platz 51 von 74 Teams. Im zweiten Jahr folgte der Abstieg, Platz 93 von 94 Mannschaften. Die nächsten 20 Jahre waren erfolglos, erst im Jahr 1996 folgte der zweite Staatsmeistertitel. Weitere neun Jahre später gelang der dritte Sieg. Langsam ging es aufwärts. Als Drittligist holte man sich 2011 wieder die Staatsmeisterschaft. Dies war der Startschuss zum sportlichen Höhenflug in den 2010er Jahre. Die Meisterschaft von Santa Catarina konnte 2012 zwar nicht verteidigt werden, doch es gelang der Aufstieg in die Serie B. Das Fundament dafür war die Vereinführung, es wurde seriös gewirtschaftet und im sportlichen Bereich geduldig gearbeitet. In der zweiten Liga stand nur Palmeiras dem aufstrebenden Klub vor der Sonne, mit Platz 2 gelang der Durchmarsch in die Serie A. Dort konnte sich Chapecoense überraschend halten und in der Saison 2016 stürmten die Grünen ins Finale der Copa Sudamericana. Bis die Flugzeugkatastrophe das Märchen jäh stoppte. Fast die gesamte Mannschaft und Klubführung starben, nur drei Spieler überlebten - Jakson Follmann, Neto und Alan Ruschel. Der Verein wurde zum Sieger erklärt. Die Serie A - Klubs zeigten sich solidarisch und liehen Spieler nach Chapecó aus. Ebenfalls boten sie dem Klub an, einen drei jahrelangen Abstiegsschutz zu gewähren. Auf dieses Angebot verzichtete der Verein um Interimspräsident Ivan Tozzo.
Im Jahr 2017 übernahm Plinio David de Nes Filho die Klubführung und mit Platz 8 gelang die beste Klassierung aller Zeiten und dazu konnte ein weiterer Staatsmeistertitel gefeiert werden. Damit schaffte Chapecoense erstmals die Titelverteidigung. Linksverteidiger Alan Ruschel bestritt dabei fünf Spiele in der Serie A, er war der einzige Überlebende der weiterhin auf hohem Niveau spielen konnte. Auch in der folgenden Saison gelang der Ligaerhalt. Zwar fehlte nur ein Punkt auf einen Copa Sudamericana-Platz, aber die Reserve auf einen Abstiegsrang betrug nur zwei Punkte. Nach sechs Jahren höchste Liga folgte dann der Abstieg, es reichte nur zum zweitletzten Rang. Die finanzielle Situation war ebenfalls schlecht, Plinio verliess den Klub und hinterliess mehr als 6 Mio. Euro Verluste.
Sportlich ging es wieder aufwärts, erneut konnte im Jahr 2020 die Staatsmeisterschaft Santa Catarina gewonnen werden. In der Serie B lief es ebenfalls hervorragend, schlussendlich hatte der Klub eine um ein Tor bessere Tordifferenz als América FC Belo Horizonte und holte den Zweitligatitel. Mit dabei war Alan Ruschel, er schaffte es erstmals zum Stammspieler. Er nutzte die Chance und wechselte nach 5 Jahren in Chapeco zum Traditionsklub Cruzeiro Belo Horizonte.
Die Freude war von kurzer Dauer, die Serie A Saison verlief katastrophal, es gelang ein einziger Meisterschaftssieg und es konnten nur 15 Punkte geholt werden. Dies war abgeschlagen der letzte Platz und direkte Wiederabstieg. Die Finanzen waren besorgniserregend. Die Klubführung reichte Beschwerde gegen Plinio ein und es folgte eine gerichtliche Untersuchung wegen Betrugs sowie Veruntreuung.
Im Jahr 2022 wurde ein gerichtliches Sanierungsverfahren eingeleitet, damit konnte immerhin ein Konkurs verhindert werden. Die Schulden betrugen unterdessen 18 Mio. Euro. Der Vorstand versuchte den Klub zu retten, aber im sportlichen Bereich fehlte entsprechend das Geld. Immerhin konnte mit Platz 14 die Liga gehalten werden.
Der Saisonstart 2023 gelang und man war im Mittelfeld klassiert, nach Runde 6 stand die Mannschaft auf Platz 9, doch dann ging es bergab. Bereits in der 10. Runde fand sich Chapecoense erstmals auf einem Absteigsplatz wieder - dies war das Ende von Trainer Argel Fuchs. Nachfolger Gilmar Pozzo startete mit einer Niederlage, danach konnte man sich verbessern und war zur Saisonhälfte auf Platz 14 klassiert. Danach ging es wieder runter, eine Niederlage beim AA Ponte Preta in der 22. Runde bedeutete das Ende von Gilmar Pozzo. Claudinei Oliveira übernahm das Ruder, auch er startete mit einer Niederlage und kurzzeitig kehrte der neue Besen gut, nach dem 26. Spieltag kletterte Chapecoense auf Platz 15. Danach ging es wieder auf die Abstiegsplätze, nach der vorletzten Runde lag das Team auf Platz 18 und kaum jemand hätte noch mit einer Rettung gerechnet. Der Klub empfing den Serie B Meister EC Vitória und gewann überraschend mit 3-1, die Konkurrenz spielte mit und die Liga konnte doch noch gehalten werden. Ob der Klub einen Abstieg in die Serie C verkraftet hätte, darf bezweifelt werden. Die nächste Saison dürfte wieder wirtschaftlich und sportlich schwierig werden. Doch vielleicht gelingt der Turnaround, die Hoffnung stirbt zuletzt.
