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Helvetia Cup: SC Brühl - FC Chiasso (12.08.2017)

Roland Deschain (DeRo) - 11.09.2017

Ein Cupmatch birgt meistens Spannung, David fordert Goliath. So auch am Samstag, 12. August 2017 in der Gallusstadt, der SC Brühl aus der Promotion League empfing den Favoriten FC Chiasso aus der Challenge League.

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Paul-Grüninger-Stadion

Das Spiel fand im Paul-Grüninger-Stadion statt, früher hiess es Krontal. Seit dem 20. Mai 2006 hat es den Namen von ex-Präsident Paul Grüninger. Das Stadion wurde am 21. Mai 1911 eingeweiht, 1958 brannte die Holztribune ab, diese wurde 1960 durch eine neue ersetzt. 2005/2006 wurde das Stadion renoviert. Die aktuelle Kapazität beträgt 4'200 Plätze (davon 900 Sitzplätze).

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Paul Grüninger wurde als linker Flügelstürmer mit Brühl Schweizer Meister, von 1924 bis 1927 und 1937 bis 1940 war er Präsident des Klubs.
Von 1938 bis 1939 verhalf er als St. Galler Polizeikommandant mehreren jüdischen und anderen Flüchtlingen zur Einreise in die Schweiz. Er wurde deshalb 1939 vom Dienst suspendiert und wegen Amtspflichtverletzung verurteilt. Deshalb trat er 1940 als Präsident beim FC Brühl zurück. Im Berufsleben war er nun gebrandmarkt und lebte von Gelegenheitsjobs, 1972 verstarb er verarmt in St. Gallen.
Erst 1993 wurde er von der St. Galler Regierung politisch rehabilitiert und der Schweizer Bundesrat veröffentlichte 1994 eine Ehrenerklärung für ihn. 1998 erhielten seine Nachkommen eine Wiedergutmachung, mit dem Geld wurde die Paul Grüninger Stiftung gegründet, sie setzt sich unter anderem für die Verteidigung der Menschenrechte ein.

Der Match

Der FC Chiasso führte in den ersten Minuten die feinere Klinge, dies brachte nur eine optische Überlegenheit. Doch bereits nach 15 Minuten übernahm der SC Brühl das Kommando, aber auch die St. Galler kamen nicht zu klaren Chancen. Kurz vor der Pause wurde Chiasso etwas stärker. Somit ging es mit 0-0 in die Pause.
Bis zur 60 Minute konnte der 3. Ligist weiter mithalten. Danach übernahm Chiasso langsam aber sicher das Zepter. Vor allem in den letzten Minuten wurden die Tessiner gefährlich, mit viel Einsatz rettete sich das Heimteam in die Verlängerung.
In der Verlängerung startete das Gastteam forsch. In der 93. Minute nach einem schnellen Angriff über links, köpfelte Jean Paul Farrugia eine Flanke unbedrängt ins Tor. Die Brühler gaben nicht auf und machten noch einmal Druck. Der FC Chiasso spielte routiniert und verteidigte die Führung bis zum Schlusspfiff. Viel hätte zur Cupüberraschung nicht gefehlt, doch schlussendlich setzte sich die etwas höhere Qualität und Routine des Zweiligisten durch.

Matchtelegramm: SC Brühl St. Gallen vs. FC Chiasso 0-1 (0-0, 0-1) n.V.
Paul-Grüninger-Stadion; Zuschauer 735;
0-1 (93.) J.-P. Farrugia
Brühl; Lazraj; Bozic, Jakupovic, Franin, Nguyen; Scherrer, Hollenstein, Riedle (72. Sabanovic); Rafinha (120. Pellegatta), Abegglen, Huber (108. Shala)
Chiasso; Russo; Belometti, Urbano, Abedini, Krasniqi; Martignoni; Fatkic (55. Said), Rey, Bilinovac; Ceesay (72. Soumare), Soumah (46. Farrugia)
Bemerkungen; Verwarnungen; 8. Franin, 53. Scherrer, 64. Farrugia, 73. Soumare, 112. Abegglen, 114. Ngyuen, 114. Abedini, 122. Hollenstein

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Splitter

Eine kleine aber feine Gruppe aus Chiasso sorgte fahnenschwingend und singend für Stimmung. Die Brühl-Fans hörte man nur selten und vereinzelt.
Die Tessiner-Fans konnten gemütlich durch die Heim-Fans zum Bierstand schlendern, ohne dass sich jemand anpöbeln lassen musste. Die Zuschauer wollten einfach zusammen und friedlich diesen Cupfight schauen, so wie es sein sollte.

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In der Pause wurde die beste Stadionwurst der Schweiz bzw. der Welt degustiert und genossen. Die "Pressekonferenz" nach Spielende in der Kronen-Lounge liessen wir sausen und machten uns zu Fuss auf den Heimweg.

Geschichte der Teams

SC Brühl St. Gallen 1901

Der kleine Bruder des FC St. Gallen spielte lange auf derselbe Höhe, in der Saison 1914/15 konnten die Brühler sogar die Schweizer Meisterschaft gewinnen, dies blieb bis heute der einzige, grosse Erfolg.

1910/11 spielte der FC Brühl erstmals in der höchsten Liga, der Serie A. Im Mai 1911 war die Eröffnung des Krontals, der Platz liegt nur gut einen Kilometer vom Espenmoos entfernt, bis heute ist es das Heimstadion geblieben. Bereits in der zweiten Serie A Saison platzierte man sich in der Ostgruppe auf Platz 2, punktgleich mit dem FC Aarau. Das Entscheidungsspiel ging 0-2 verloren und der FC Aarau gewann danach die Finalrunde der Schweizer Meisterschaft. 1914/15 platzierte man sich punktgleich mit dem FC St. Gallen, das Playoffspiel um den ersten Platz gewannen die Brühler mit 2-1. Den Halbfinal gegen FC Aarau ging mit 2-3 verloren, nach einem gutgeheissenen Protest kam es zu einem Wiederholungsspiel, dieses wurde mit 8-1 gewonnen. Im Final liess man dem Servette FC keine Chance und der FC Brühl war Meister.
In der Saison 1920/21 entging man knapp dem Abstieg, in den Abstiegsplayoff schlugen die St. Galler den FC Baden. Danach rangierte sich das Team einige Jahre im Mittelfeld, 1924/25 entkam man der Relegation in den Entscheidungsspielen gegen Neumünster Zürich. Nach der Saison 1930/31 wurde die National-Liga (ehemals Serie A) verkleinert, da die Mannschaft nur Platz 7 belegte, musste man in 1. Liga absteigen. Nur 2 Punkte fehlten zum rettenden Platz 6, welcher der Stadtrivale FC St. Gallen belegte.
Als 1933/34 die erste eingleisige Nationalliga A - Saison gespielt wurde, waren die beiden Gallusstädter Vereine wieder in derselben Liga. In der zweithöchsten Liga (1. Liga) spielten sie in der Ost-Gruppe, wieder war der FC knapp vor Brühl (1 Platz bzw. 1 Punkt). Danach war der Brühl in den 30er Jahren immer an der Spitze mit dabei, aber zum Aufstieg reichte es nicht. Im Jahr 1942 wurde der Verein in SC Brühl St. Gallen 1901 umbenannt.
In der Saison 1944/45 gehörte der SC Brühl der neu gegründeten eingleisigen Nationalliga B. Lange spielte das Team im Mittelfeld bzw. hinteren Mittelfeld, die Saison 1949/50 misslang gründlich, mit dem 14. und letzten Platz verabschiedeten sich die St. Galler aus der NLB. Die Rückkehr-Saison 1956/57 war ebenfalls zum vergessen, letzter Platz und direkter Abstieg, dies zusammen mit dem zweitletzten FC St. Gallen.
Zwei Saison später stieg Brühl wieder auf und war damit die Nummer 1 in St. Gallen. Mit der Euphorie erreichte die Mannschaft den überraschenden dritten Platz, fast wäre der Durchmarsch gelungen.
1965/66 waren die beiden St. Galler Vereine wieder in derselben Liga, der FC wurde als Aufsteiger guter fünfter, Brühl verpasste den Aufstieg in die NLA als dritter nur knapp. Nach zwei schwächeren Saisons, schrammte der Klub 1968/69 mit Platz 3 wiederum am Aufstieg vorbei und wäre fast dem FC St. Gallen in die NLA gefolgt.
Nach 14 Jahren in der NLB folgte 1972/73 der Abstieg in die 1. Liga, 7 Jahre später folgte sogar der Sturz in die Viertklassigkeit, Abstieg in die 2. Liga. In der Saison 1984/85 klappte es mit der Rückkehr in die 1. Liga, um ein Jahr später wieder abzusteigen. Die Rückkehr in die 1. Liga folgte postwendend. Anfangs der 90er Jahre kämpfte man an der Spitze mit, dabei bestritt Brühl 3-mal erfolglos die Aufstiegsspiele.
Von 1996 bis 2010 spielte die Mannschaft in der 2. Liga, dann folgte der Durchmarsch von der 2. Liga in die Challenge League (ehemals Nationalliga B). Erstmals seit langem kam es in der Saison 2011/12 wieder zum St. Galler-Derby SC Brühl gegen FC St. Gallen, dies war der einzige Höhepunkt, als Tabellenletzter kehrte man in die 1. Liga (1. Liga Promotion) zurück. Seit dem hat sich die Equipe in der dritten Liga (unterdessen Promotion League) als Mittelfeldklub etabliert. Dies soll mittelfristig so bleiben.

Als zweit Ligist erreichte 1939 der FC Brühl den Cup-Halbfinal, das Spiel ging gegen Nordstern Basel mit 0-3 verloren.

FC Chiasso 1905

Der FC Chiasso wurde am 16. Oktober 1905 gegründet, 5 Jahre später nahm der Klub das erste Mal an der Meisterschaft in der Serie C (3. Liga) teil.

Da die Gemeinde an der Grenze liegt und die einheimische Konkurrenz stark war, bemühten sich die Tessiner um die Aufnahme in die italienische Liga. In der Saison 1914/15 spielte man erstmals in Italien in der Prima Categoria. In der Gruppe D unter anderem mit der AC Milan, Juventus Turin und dem FC Bologna, belegte das Team Platz 5, somit war bereits in der ersten Runde Endstation.
Wegen des 1. Weltkrieges wurde in Italien die Liga unterbrochen, nach dem Krieg verblieb die Mannschaft in der italienischen Liga. Durch eine Umstrukturierung wurde man in die 2. Liga versetzt, als man dort abstieg, kehrte das Team ab 1923 wieder in den Schweizer Ligabetrieb zurück.
Von 1927 bis 1931 gehörte der FC Chiasso der Serie A bzw. National-Liga an, mit der Ligaverkleinerung verlor man den Erstligaplatz. 1947/48 schaffte man mit Platz 2 die Sensation und marschierte nach dem Aufstieg in die NLB direkt in die NLA.
Die nächsten 12 Jahre gehörten die Tessiner der ersten Liga an. Der Höhepunkt war der Vizemeistertitel 1950/51 hinter Lausanne-Sports. Meistens platzierten sich die Tessiner im Mittelfeld.
Die Saison 1960/61 verlief desaströs, mit 8 Punkten belegte Chiasso abgeschlagen den letzten Platz. Doch die Reaktion, der direkte Wiederaufstieg folgte. Zwei Saison kämpfte man erfolgreich um den Ligaerhalt, im dritten Jahr musste der Abstieg hingenommen werden.
Danach mutierte Chiasso zur Fahrstuhlmannschaft, bis 1993 folgten immer wieder Jahre mit NLA-Fussball. Später pendelte die Mannschaft zwischen zweiter und dritter Liga. Seit 2010 konnte man sich in der Challenge League etablieren, auch wenn das Team meistens im hinteren Teil der Tabelle anzutreffen ist.

Im Cup erreichten die Tessiner dreimal den Halbfinal, jedesmal unterlag der FC Chiasso dem nachmaligen Cupsieger (1959 - FC Grenchen / 1978 - Servette FC / 1990 - FC Sion).