Der Erste Weltkrieg ging langsam zu Ende. Der SFV hatte aber mit diversen Problemen zu kämpfen. Die Delegiertenversammlung musste wegen der spanischen Grippe
verschoben werden. Schlussendlich fand die Versammlung am 10./11. August 1918 statt - unter anderem wurde der Antrag zu Fusionsverhandlungen mit dem
Schweizerischen Athletik-Verband (SAV) einstimmig angenommen.
Die Meisterschaft begann am 29. September, im Oktober und November erreichte die Grippe-Epidemie einen Höhepunkt - von 55 Serie A-Spielen konnten nur deren 15
durchgeführt werden.
Danach schränkte die SBB den Eisenbahnverkehr an Sonntagen ein, die Clubs hatten entsprechend Mühe an die Auswärtsspiele zu reisen. Es wurden Lastwagen, Taxis,
Velos und Fuhrwerke verwendet. In den unteren Serien legten die Spieler teilweise die Wege zu Fuss zurück.
Weiter wurden Fussballplätze in Äcker umgewandelt, der FC Young Boys musste deshalb vom Spitalacker auf die Kasernenmatte ausweichen.
Der FC Biel-Bienne hatte ebenfalls keine Spielstätte mehr und verlor diverse Spiele forfait. Weitere Wettspiele konnten nicht durchgeführt werden.
Das Central-Comité unterbreitete im April 1919 den Vereinen einen Vorschlag: "Die Saison 1918/19 bleibt obligatorisch. Die Relegation- und Promotionsspiele
1918/19 fallen dahin." Dieser Antrag wurde von den Klubs angeommen. Somit wurde die Meisterschaft zu Ende gespielt, aber es wurden keine Ab- und
Aufstiegsspiele durchgeführt.
Nach dem Krieg und der Grippe-Epidemie normalisierte sich das Leben wieder etwas. Es wurden neue Fussballclubs gegründet und der bereits 1906 gegründete
FC Helvetia Bern trat dem Verband bei.
Ost-Gruppe
Der VFC Winterthur-Veltheim überzeugte und gewann die Ostgruppe mit 6 Punkten Vorsprung auf die beiden Stadtzürcherklubs FC Zürich und GC. Ein wichtiger
Spieler war der Rückkehrer Gustav Gottenkieny, der Innenverteidiger stand bereits beim Meistertitel 1908 im Team. Er verliess 1914 nach der Fusion mit dem
FC Veltheim den Klub und heuerte in der Westschweiz beim FC Stella Fribourg an.
Der FC Zürich war der einzige Klub, welcher die Winterthurer besiegen konnte. Zuhause wurde der Gruppensieger mit 2-1 besiegt, in Winterthur setzte es
mit einem 2-7 eine herbe Klatsche ab. Die Zürcher warteten somit seit 1911 auf einen weiteren Gruppensieg bzw. Finalrundenteilnahme.
Das Mittelfeld wurde von den Grasshoppers angeführt. Der FC Brühl freute sich über Platz 4. Der Arbeiter- bzw. Unterschichtklub liess die Oberschicht vom
FC St.Gallen hinter sich. Der FC Neumünster platzierte sich im zweiten Jahr in der Serie A im Mittelfeld, punktgleich mit den Blue Stars.
Der Vorjahressieger FC St.Gallen wurde mit nur 5 Punkten enttäuschender Siebter, einzig der FC Young Fellows holte noch weniger Punkte. Umso erstaunlicher,
dass der FC St.Gallen in dieser schwierigen Zeit auf eine stolze Anzahl von 663 Mitgliedern kam, dies zum 40 Jahre-Jubiläum des Klubs.
1
Vereinigte FC Winterthur-Veltheim
14
12
1
1
57
-
22
35
25
2
FC Zürich
14
9
1
4
38
-
23
15
19
3
Grasshopper Club Zürich
14
9
1
4
49
-
32
17
19
4
FC Brühl St. Gallen
14
7
2
5
40
-
31
9
16
5
FC Neumünster Zürich
14
7
1
6
24
-
30
−6
15
6
FC Blue Stars Zürich
14
4
2
8
27
-
31
−4
10
7
FC St. Gallen
14
2
1
11
18
-
47
−29
5
8
FC Young Fellows Zürich
14
1
1
12
16
-
53
−37
3
Central-Gruppe
Die beiden Teams aus La Chaux-de-Fonds nahmen in dieser Saison in der Zentral-Gruppe teil, dafür wechselten die Stadtberner-Mannschaften in die Westgruppe.
Der Étoile FC zeigte starke Leistungen, vor allem die Defensive spielte bärenstark, nur 9 Tore mussten hingenommen werden. Im Auswärtsderby gegen den
FC La Chaux-de-Fonds resultierte die einzige Niederlage. Zum 10 Jahre-Jubiläum in der Serie A, erreichte der Klub zum zweiten Mal die Finalrunde nach dem
Vizemeistertitel von 1912.
Der Stadtrivale und die beiden Basler Teams Old Boys und Nordstern waren die ärgsten Verfolger und belegen Punktgleich die Plätze 2-4. Vor alldem die Old Boys
überraschten, in der Vorsaison lief es dem 2-fachen Vizemeister (1904 & 1913) überhaupt nicht - letzter Platz mit nur 4 Punkten.
Enttäuschend verlief die Saison für den FC Basel, nur Platz 5 und damit die dritte Geige in Basel. Die Athletiksektion machte es besser, sie holte den Titel
in der Leichtathletik.
Der Aufsteiger FC Luzern wehrte sich tapfer, viele Spiele wurden knapp verloren. Trotzdem reichte es nur zu zwei Siegen gegen den FC Biel und zu drei Unentschieden.
Der FC Biel erzielte ganze 2 Tore, der Verein verlor die meisten Heimspiele - mangels Spielstätte - forfait.
1
Étoile FC La Chaux-de-Fonds
14
11
2
1
42
-
9
33
24
2
BSC Old Boys Basel
14
8
3
3
31
-
18
13
19
3
FC Nordstern Basel
14
8
3
3
23
-
15
8
19
4
FC La Chaux-de-Fonds
14
8
3
3
32
-
23
9
19
5
FC Basel
14
5
3
6
27
-
26
1
13
6
FC Aarau
14
5
1
8
13
-
24
−11
11
7
FC Luzern
14
2
3
9
18
-
27
−9
7
8
FC Biel-Bienne
14
0
0
14
2
-
46
−44
0
West-Gruppe
In der Westschweiz gewann Meister Servette FC die Gruppe und zog in die Finalrunde ein. Die Genfer waren aber auch das einzige Team, welches alle Spiele
austragen konnte.
Das Team musste den Verlust des Meistergoalies René Perrenoud verkraften, er verstarb wie der St.Galler Nationalstürmer Fischer an der spanischen Grippe.
Der Sturm um Robert Pache schoss 51 Tore, damit konnte niemand mithalten. Die Derbys gegen den Stadtrivalen FC Genève wurden gleich mit 9-1 und 5-0 gewonnen.
Die Equipe gewann neben der West-Gruppe, ebenfalls die Meisterschaft der Romandie.
Bild: super-servette.ch - Champion de la Suisse Romande - Servette FC - links nach rechts -
Perrier, capitaine, Merkt, Wionsowsky, Pache, Leiber II., Bédouret, Fehlmann, Roeteli, Beyner, Gobet, Leiber I. Gander, Demaurex (Präsident
Sport-Kommission Servette)
Die Berner Young Boys mussten sich mit Platz 2 zufrieden geben. Sie konnten nur 10 Spiele austragen, die Abwehr um Hans Funk spielte sehr stark und kassierte
nur 7 Gegentore. Unter anderem fügte YB dem Servette FC eine Heimniederlage zu.
In dieser Saison betrat sehr wahrscheinlich einer der grössten Schweizer Fussballer aller Zeiten die Bühne. Max "Xam" Abegglen lief als 16-jähriger für den
FC Cantonal Neuchâtel auf. Er liess sein Können aufblitzen und verliess den Klub bereits nach einer Saison wieder. Der Montriond FC Lausanne schnappte sich
das Riesentalent. Wobei andere Quellen schreiben, dass er 1921/22 sein Debüt gab und danach zu Lausanne-Sports FC transferiert wurde.
Auf den letzten beiden Plätzen landeten die beiden Teams mit den wenigsten Partien. Montreux-Sports konnte nur 6 Spiele durchführen und nur einen Sieg feiern.
Zwei Spiele mehr bestritt der FC Fribourg und gewann immerhin zweimal. Zusätzliche Spiele hätten die Rangliste wohl kaum gross verändert.
1
Servette FC Genève
14
10
3
1
51
-
16
35
23
2
FC Young Boys Bern
10
6
2
2
15
-
7
8
14
3
FC Genève
12
5
1
6
28
-
35
−7
11
4
Montriond FC Lausanne
12
4
3
5
19
-
16
3
11
5
FC Cantonal Neuchâtel
12
4
2
6
22
-
29
−7
10
6
FC Bern
10
3
3
4
13
-
18
−5
9
7
FC Fribourg
8
2
0
6
17
-
25
−8
4
8
FC Montreux-Sports
6
1
0
5
6
-
25
−19
2
Finalrunde
Für die Finalrunde waren der Titelverteidiger Servette und der FC Winterthur favorisiert. Etoile La Chaux-de-Fonds war der Aussenseiter, die Spieler der Sterne
waren reine Amateure. Bei diversen Vereinen wurde hingegen bereits der eine oder andere Franken bezahlt.
Die Spiele wurden alle im Juni 1919 ausgetragen und waren jeweils eine knappe Angelegenheit. Die Favoriten trennten sich mit 0-0 und der Étoile FC gewann
in Lausanne überraschend gegen den Titelverteidiger aus Genf.
Im entscheidenden dritten Spiel würde den Neuenburgern bereits ein Unentschieden reichen. Die Stadt stand Kopf und 600-700 Leute reisten mit Extrazügen zum
Match nach Basel in den Landhof.
Tatsächlich liess sich Étoile den Titel nicht mehr nehmen, die Wyss-Brüder trafen beim 2-1 Sieg. Die beiden spielten auch in der Schweizer Nationalmannschaft
- Charles Wyss absolvierte 3 Spiele von 1913 bis 1917, sein Bruder Paul sogar 14 Spiele (6 Treffer) von 1911 bis 1920.
Die grösste Stadt im Kanton Neuenburg hatte somit gegenüber der Kantonshauptstadt ausgeglichen, darauf waren die Jurassier besonders stolz. Nach drei
Vizemeistertitel (2x FC / 1x Étoile) reichte es der Stadt La Chaux-de-Fonds zum ersten Titel. Gleichzeitig genoss der Verein, dass man dem Stadtrivalen
FC La Chaux-de-Fonds zuvor gekommen war.
Stehend: Henri Glasson, Chs. Joerin, Nono Mathys, Charles Wyss, André Méroz -
Mitte: Georges Schuhmacher, André Wille - Vorne: René Meyer, Fritz Brönnimann, Paul Wyss, René Aubry, Justin Marucco
Bild: Das goldene Buch des Schweizer Fussballs
Servette FC Genève - Vereinigte FC Winterthur-Veltheim 0 - 0
Bern - 1.06.1919
Servette FC: Gander; Gobet, Fehlmann; Beyner, Leiber I, Perrier; Merkt, Wionsowsky, Pache, Leiber II, Bédouret
FC Winterthur: Kempf; Freihofer, Gustav Gottenkieny; Steiner, Hegnauer, Vonau; Koblet K., Fontana, Wartmann, Kuhn, Frankenfeldt
Schiedsrichter: Ernst Riesterer (Basel)
Étoile FC La Chaux-de-Fonds - Servette FC Genève 3 - 2
Lausanne (Parc des Sports de la Pontaise) - 15.06.1919
Étoile FC: Matthys; Méroz III, Joerin; Schumacher, Wyss II, Wille; Meyer, Brönnimann, Wyss I, Aubry, Marucco
Servette FC: Gander; Gobet, Fehlmann; Beyner, Leiber I, Perrier; Merkt, Wionsowsky, Pache, Leiber II, Bédouret
Schiedsrichter: Guido Eichenberger (Bern)
Zuschauer: 2'500
Étoile FC La Chaux-de-Fonds - Vereinigte FC Winterthur-Veltheim 2 - 1
Basel (Landhof) - 22.06.1919
Étoile FC: Matthys; Méroz III, Joerin; Schumacher, Wyss II, Wille; Meyer, Brönnimann, Wyss I, Aubry, Marucco
FC Winterthur: Kempf; Freihofer, Gustav Gottenkieny; Steiner, Güttinger, Vonau; Koblet K., Hegnauer, Wartmann, Kuhn, Frankenfeldt
Tore: Etoile - Charles "Ficelle" Wyss, Paul Wyss (Penalty)
Schiedsrichter: Eugen Stutz (Luzern)
Zuschauer: 3'000
1
Étoile FC La Chaux-de-Fonds
2
2
0
0
5
-
3
2
4
2
Servette FC Genève
2
0
1
1
2
-
3
−1
1
3
Vereinigte FC Winterthur-Veltheim
2
0
1
1
1
-
2
−1
1
Die Serie B wurde ebenfalls zu Ende gespielt. Servette FC II gewann die zweithöchste Liga. Da die Zweitteams nicht aufstiegsberechtigt waren, hatte der
Entscheid auf Auf- und Abstieg zu verzichten keine Konsequenzen.
Bilder: super-servette.ch - Match-Anzeigen - Servette FC vs FC La Chaux-de-Fonds (Parc des Sports, 22.09.1918) /
Etoile FC La Chaux-de-Fonds vs Servette FC (Parc des Sports de la Pontaise, 15.06.1919)
Freundschaftsspiele mit deutschen Klubs
Im Juni 1919 fand nicht nur die Finalrunde statt sondern der FC St.Gallen spielte am Pfingstwochende ein Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München.
Dies war das erste Spiel einer ausländischen Mannschaft nach dem Ersten Weltkrieg in München. Zu jener Zeit waren internationale Spiele mit deutschen Klubs
in ganz Europa unerwünscht.
Die knappe 3-4 Niederlage der St.Galler war somit eher nebensache, aber historisch war das Match bedeutend. Mit 5'000 Zuschauer wurde ein neuer Besucherrekord
verzeichnet. Eine zweite Partie gegen den FC Wacker München konnten die Schweizer mit 3-2 gewinnen.
In dieser Zeit bestand zwischen dem FCSG und den Bayern eine Sportfreundschaft. Im ersten Spiel der Münchner gegen eine ausländische Mannschaft, standen sich
die beiden Teams 1908 gegenüber. Weitere Aufeinandertreffen fanden vor dem Ersten Weltkrieg statt.
Nicht nur die Ostschweizer waren Blockadebrecher. Bereits über die Osterfeiertage trug der FC Nordstern Basel einige Spiele gegen befreundete Klubs aus
Süddeutschland aus. Im August 1919 kämpfte der FC Basel ebenfalls gegen deutsche Klubs.