Fussball - Geschichten
Fussballpioniere in der Schweiz - die erste Meisterschaft - Saison 1897/1898
Roland Deschain (DeRo) - 29.01.2019
Der Beginn des Fussballs in der Schweiz
Wie eigentlich überall in der Welt brachten die Engländer das Fussballspiel in die Schweiz. Vor allem in den Internaten am Lac Léman wurde Cricket, Rugby und Fussball
eingeführt. Im La Châtelaine-College stand erstmals 1869 Association Football auf dem Stundenplan. Der älteste Fussballklub der Schweiz ist der 1879 gegründete
FC St. Gallen.
Ob der FCSG effektiv der erste Fussballklub war, ist unklar. Der Verein Lausanne Football & Cricket Club (Lausanne FC & CC) wurde gemäss einigen Quellen
1860 gegründet, andere gehen von 1880 aus. Ebenfalls nicht bekannt ist, welche Art des Fussballs zu Beginn gespielt wurde (Association Football oder Rugby).
Da die Lausanner seit langem (letzte bekannte Meisterschaftsteilname 1899) nicht mehr existieren, sind die Ostschweizer definitiv der älteste, noch existierende
Fussballklub der Schweiz und von Kontinentaleuropa.
Was gesichert ist, dass Engländer den Fussball und Rugby in die Schweiz gebracht haben. Die diversen Institute in der Westschweiz, hauptsächlich am Genfersee
(Château de Lancy, La Châtelaine, La Villa d'Ouchy, Villa Longchamp d'Ouchy, Bellerive de Montreux, Simon d'Yverdon, Rosey in Rolle) waren Fussballpioniere.
In den 1890er Jahren wurden in den Städten viele Klubs gegründet, viele verschwanden schnell wieder oder fusionierten.
(Das goldene Buch des Schweizer Fussballs - Paul Ruoff - 1953)
In der Westschweiz waren die Klubs/Internats-Klubs häufig nur für die Studenten (hauptsächlich englischer Herkunft) offen, in der Deutschschweiz waren
die Mannschaften gemischt. Es ist anzunehmen, dass deshalb die Schulvereine um 1900 wieder von der Bildfläche verschwanden.
Das erste überregionale Freundschaftsspiel fand am 1. Mai 1892 auf der St. Galler Kreuzbleiche statt. Bei schlechtem Wetter duellierten sich der FC St. Gallen
mit den Grasshoppers. Die beiden Tore waren viel zu klein, vielleicht fiel deshalb nur ein Tor, die Züricher gewannen mit 1-0.
Die Zürcher gaben den St. Gallern bei dieser Gelegenheit Nachhilfe was die Regelkunde betraf, neben der korrekten Torgrösse wurden die Ostschweizer über Corner und
Hands aufgeklärt. Ein Rückspiel fand am 6. November 1892 statt, der FCSG kassierte eine 0-6 Schlappe, diesmal wurde mit ordnungsgemässen Toren gespielt.
Ende der 1880er Jahre ging bei den Gallusstädtern das Fussballspiel teilweise etwas vergessen, die (bier-)geselligen Anlässe hatten einige Zeit sogar Priorität.
Darum erstaunen die zwei Niederlagen und die Unterstützung in der Regelkunde seitens der Züricher nicht.
Relativ spät eroberte der Fussball das Tessin, erste Gehversuche erfolgten 1897 an der kantonalen Handelsschule in Bellinzona. Die ersten Gründungen
folgten aber erst später (u.a. 1904 - FC Bellinzona (Vorläufer der AC Bellinzona), 1905 - FC Chiasso, 1906 - FC Locarno, 1908 - FC Lugano, 1912 -
FC Mendrisio).
Gründung des Schweizer Fussballverbandes
Am 7. April 1895 gründeten 11 Vereine im Bahnhof-Restaurant zu Olten die Schweizerische Football-Association (SFA) / Association Suisse de Football (ASF).Von den elf eingeladenen Klubs waren sieben anwesend (Lausanne FC & CC, La Villa FC Ouchy, Neuchâtel Rovers FC, Yverdon FC, Excelsior FC Zürich, FC St. Gallen, Grasshopper-Club Zürich), vier Teams waren aus diversen bekannten und unbekannten Gründen nicht anwesend (FC Basel, Anglo-American FC Zürich, La Châtelaine FC aus Genf, La Villa Longchamp FC aus Lausanne). Weshalb diverse andere bestehende Mannschaften nicht eingeladen wurden ist unklar. Zum ersten Präsidenten wurde Emil J. Westermann von GC gewählt.
Erste inoffizielle Schweizer Meisterschaft bzw. Ruinart Cup
Die erste Schweizer Fussballmeisterschaft fand 1897/1898 statt. Die Zeitung „La Suisse Sportive“ war Initiator des Wettbewerbs. Die Meisterschaft wurde somit nicht durch die Schweizerische Football-Association (SFA; ab 1913 Schweizerischer Fussball-Verband SFV) organisiert und gilt daher als inoffiziell (nur vier der teilnehmenden Vereine waren Verbandsmitglieder: FC Château de Lancy, Grasshopper-Club Zürich, Neuchâtel FC und La Villa Ouchy).Die SFA konnte sich nicht zu einer Meisterschaft durchringen. Präsident Westermann wollte die Klubs zu Hin- und Rückspielen verpflichten. Die Vereine lehnten dies ab, die Kosten für die Reisen waren nicht zumutbar. Deshalb sprang "La Suisse Sportive" mit dem Champagner-Produzenten Ruinart ein. Der Wettbewerb stiess hauptsächlich in der Westschweiz auf Anklang. Weshalb die anderen Deutschweizer Klubs nicht mitmachten ist nicht bekannt. Der FC Basel stellte in der Finalrunde mit John Tillmann immerhin einen Schiedsrichter.
Neben der inoffiziellen Meisterschaft wurden diverse Freundschaftsspiele ausgetragen. Unter anderem besiegte der FC Zürich im ersten internationalen Spiel in Zürich (Velodrom Hardau) den deutschen Klub FC Fidelitas Karlsruhe mit 3-0
Der Ruinart Cup 1898
Die Meisterschaft wurde nach Cupregeln (English Cup) gespielt. Somit war nach einer Niederlage die Saison beendet.Die Vorrunde wurde in drei regionalen Gruppen gespielt. Aus der Deutschweiz nahmen nur GC und der FC Zürich teil, sie spielten in der Gruppe A. In der Gruppe B spielten Klubs aus Lausanne und Umgebung. Die Genfer Mannschaften kämpften in der Gruppe C.
Gruppe A | ||||
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Grasshopper Club Zürich | - | FC Zürich | 7 - 2 |
In der Deutschschweizer-Gruppe benötigte der Grasshopper Club mangels Gegner nur ein Spiel, das "erste" Meisterschaftsderby wurde gleich mit 7-2 gewonnen. Dies bedeutete die Teilnahme an der Finalrunde.
Gruppe B | ||||
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Villa Longchamp FC Lausanne | - | Yverdon FC | 1 - 0 | |
Lausanne FC & CC | - | Maison Neuve FC Vevey | 4 - 0 | |
Lausanne FC & CC | - | La Villa FC Ouchy | 5 - 2 | |
Villa Longchamp FC Lausanne | - | Lausanne FC & CC | 1 - 0 |
In diversen Unterlagen war auch der Neuchâtel FC als Teilnehmer und Mitglied der SFA aufgeführt, aber es sind keine Resultate bekannt. Zuerst meldete sich auch
der Vevey FC an, die Waadtländer zogen später ihre Anmeldung zurück.
Der Lausanne FC & CC schoss in seinen ersten beiden Partien viele Tore. Gegen Villa Longchamp FC folgten keine mehr, die 0-1 Niederlage bedeutete das Ende
der Meisterträume. Villa Longchamp konnte sich auf seine Abwehr verlassen, zwei Tore reichten für die Qualifikation zur Finalrunde.
Gruppe C | ||||
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Château de Lancy FC | - | Racing Club de Genève | 4 - 0 | |
La Châtelaine de Genève FC | - | Château de Lancy FC | 9 - 2 |
In der Genfer-Gruppe siegte der Château de Lancy FC souverän 4-0 gegen den Racing Club de Genève. Im zweiten Spiel ging die Mannschaft gleich
mit 2-9 unter, dies bedeutete das Saisonende.
Der La Châtelaine FC war somit mit einem Sieg bereits für die Finalrunde qualifiziert.
Finalrunde | ||||
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Grasshopper Club Zürich | - | Villa Longchamp FC Lausanne | 6 - 1 | |
Grasshopper Club Zürich | - | La Châtelaine de Genève FC | 2 - 0 |
Grasshopper Club Zürich - Villa Longchamp FC Lausanne 6-1 (3-0)
Zürich - 19.03.1898
GC: Ott; Bossard, Sutter; Mende, Schmid (Captain), Doll; Landolt, Blijdenstein, Huguenin, van Delden, Simonius
Villa Longchamp: Fels; Bowden, D.K. Macalister; Harrison, Wilson, A.I. Macalister; Macalister III, West, Hornsby (Captain), Reynolds, Perkins
Schiedsrichter: John Tollmann (FC Basel)
1-0 Blijdenstein) (5. Min.) 2-0 Blijdenstein (10. Min.) 3-0 Schmid (40. Min.) 3-1 Hornsby (52. Min.) 4-1 ? (kurz nach 52. Min.)
5-1 Landolt (kurz vor Schluss) 6-1 Huguenin (kurz vor Schluss)
In der ersten Hälfte bestimmte GC eindeutig das Spiel. Bereits nach 10 Minuten führte das Heimteam durch ein Doppelpack von Bljidenstein mit 2-0. Kurz vor
der Pause erhöhte Captain Schmid zum 3-0 Pausenstand.
In der zweiten Hälfte versuchte Villa alles, in der 52. Minute verkürzte Captain Hornsby auf 3-1. Die Hoffnung auf eine Wende währte nicht lange. Mit dem Gegenzug
erhöhte GC auf 4-1, dies war die Vorentscheidung.
Die GC-Abwehr mit Bossard und Sutter inklusive Torhüter Ott spielten sehr stark. Bei einer Rettungstat von Ott, stürzte Villa's Hornsby unglücklich über ihn. Er
konnte nach kurzer Verletzungspause wieder mit tun, war aber sichtlich gehandicapt.
Kurz vor Spielschluss erhöhten die Zürcher durch Landolt und Huguenin auf 6-1.
Bei Villa Longchamp spielten vor allem englische/englisch-stämmige Spieler mit. Teilweise waren die Spieler auch sehr jung, zu jung für die Finalrunde um
den Ruinart-Becher. GC spielte sehr stark und gewann verdient.
Grasshopper Zürich - La Châtelaine Geneve 2-0 (2-0)
Lausanne-Montriond - 04.04.1898
GC: Arbenz; Bossard, Sutter; Mende, Schmid (Captain), Doll; Landolt, Wenner, Huguenin, van Delden, Simonius
La Châtelaine: Murphy; W. Thudichum, M. Muschamp (Captain); Rowlins, M. Viret, G. Vrioni II; P. Vrioni I, Herfeld, Brown, Gray, Iweins
Schiedsrichter: Frampton (Lausanne FC & CC)
Zuschauer: "Vor einem zahlreichen Publikum"
1-0 Simonius 2-0 Wenner
Das Finale um den Ruinart-Cup fand in Lausanne auf dem Terrain von La Villa Ouchy statt. Wobei die Zürcher Fussballinteressierten gar nicht mitbekamen,
dass GC ein Finale bestreitet. Man dachte zu Hause, dass die Hoppers gegen Villa Longchamp oder La Villa Ouchy spielen und nicht ein Meisterschaftsspiel
gegen La Châtelaine.
Die Hoppers mussten ohne Torhüter Ott und Stürmer Bljidenstein auskommen, sie wurden durch Arbenz und Wenner ersetzt.
Eine überraschend grosse Zuschauermenge aus nah und fern schaute sich das Match an.
Wie schon gegen Villa Longchamp startete GC sehr druckvoll und führte relativ schnell durch Simonius und Wenner mit 2-0. La Châtelaine FC glaubte scheinbar
selber nicht mehr an eine Wende. Die Genfer versuchten vor allem den Schaden in Grenzen zu halten, dies gelang ihnen unter anderem, dank dem starken
Torwart Murphy.
Damit gewannen die Grasshoppers souverän den Ruinart-Becher bzw. die erste (inoffizielle) Schweizer Fussballmeisterschaft. Beim Meister überzeugten
Torhüter Arbenz, Abwehrspieler Sutter, die beiden Läufer Doll und Captain Schmid.